Update Fluggastrechte

An dieser Stelle möchten wir Ihnen in Zukunft aktuelle Urteile aus dem Fluggastrecht gesammelt präsentieren. Die Sammlung inklusive weiterführender Links wird regelmäßig erweitert, der jeweils aktuellste Beitrag findet sich oben.

 

Am Umsteigeflughafen gestrandeter Rollstuhlfahrer hat Anspruch auf Entschädigung wegen Nichtbeförderung

Ein ausführendes Luftfahrtunternehmen ist für eine große Ankunftsverspätung verantwortlich,
wenn es einem Fluggast unter Verstoß gegen Art. 11 Abs. 1 FluggastrechteVO die Möglichkeit
genommen hat, einen direkten Anschlussflug rechtzeitig zu erreichen. Dem gemäß müssen die ausführenden Luftfahrtunternehmen Personen mit eingeschränkter Mobilität und deren
Begleitpersonen bei der Beförderung Vorrang geben und insbesondere eine Nichtbeförderung vermeiden. Die Verpflichtung, dem genannten Personenkreis Vorrang einzuräumen bezieht sich auf den gesamten Beförderungsvorgang einschließlich der Phase zwischen direkten Anschlussflügen. Aus der Verordnung (EG) Nr. 1107/2006 über die Rechte von behinderten Flugreisenden und Flugreisenden mit eingeschränkter Mobilität ergeben sich dem gegenüber keine Beschränkungen – AG Bremen, Urteil vom 30.05.2024, Az.: 23 C 2/24. (Das Urteil können Sie bei uns im Volltext auf Anfrage erhalten)

 

Streik der eigenen Beschäftigten ist regelmäßig kein „außergewöhnlicher Umstand“

Mitte Februar 2024 streikten wieder die Beschäftigten der Deutschen Lufthansa AG, Lufthansa Technik, Lufthansa Cargo und weiterer Gesellschaften. Kurz davor waren es die Piloten der Tochtergesellschaft Discover. Für die Passagiere gut zu wissen: Ein von einer Gewerkschaft der Beschäftigten eines Luftfahrtunternehmens organisierter Streik ist kein „außergewöhnlicher Umstand“, der die Fluggesellschaft von ihrer Verpflichtung zur Leistung von Ausgleichszahlungen nach der Fluggastrechteverordnung wegen Annullierung oder großer Verspätung der betroffenen Flüge befreien könnte – EuGH, Urteil vom 23. März 2021, Az.: C-28/20.

 

Schnellstmögliches Angebot eines Ersatzfluges

Fluggesellschaften, die einen Flug wegen eines außergewöhnlichen Umstands annullieren, müssen betroffenen Fluggästen den schnellstmöglichen Ersatz anbieten. Sonst ist eine Entschädigung fällig, wie der BGH in einem recht aktuellen Urteil bestätigte. Passagiere hätten einen Anspruch auf frühestmögliche anderweitige Beförderung, wenn dies gemäß Art. 5 Abs. 3 Fluggastrechteverordnung für die Airline zumutbar sei – BGH, Urteil vom 10.10.2023 – X ZR 123/2.

 

Fluggäste dürfen selbst über Zeitpunkt einer Ersatzbeförderung entscheiden

Bei einer Flugannullierung haben Passagiere die Wahl zwischen Erstattung des Flugpreises und einer Ersatzbeförderung. Entscheiden sie sich für die Ersatzbeförderung, muss die Airline die Umbuchung entgeltfrei und unter vergleichbaren Bedingungen erbringen. Passagiere,können danach selbst bestimmen, wann den gewählten kostenlosen Ersatzflug antreten, Voraussetzung ist lediglich, dass Plätze verfügbar sind, ein unmittelbarer zeitlicher Zusammenhang mit dem usrsprünglichen Flug ist nicht erforderlich – BGH, Urteil vom 27. Juni 2023 – X ZR 50/22.

 

Begriff des „direkten Anschlussfluges“

Bei einer mit Umstiegen verbundenen Flugreise, die in der EU startet, hat der Passagier bei Verspätungen auch dann Anspruch auf eine Entschädigung, wenn diese erst bei einem Teilflug außerhalb der EU auftritt. Egal ist dabei, ob die direkten Anschlussflüge von unterschiedlichen, nicht rechtlich miteinander verbundenen Airlines durchgeführt werden. Entscheidend ist, dass die Flüge von einem Reiseunternehmen akzeptiert und registriert wurden und ein einheitlicher Flugschein im Sinne der EU-Fluggastrechte-Verordnung ausgegeben wurde – BGH, Urteil vom Urt. v. 16.06.2023, Az. X ZR 15/20.