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Update Fluggastrechte

An dieser Stelle möchten wir Ihnen in Zukunft aktuelle Urteile aus dem Fluggastrecht gesammelt präsentieren. Die Sammlung inklusive weiterführender Links wird regelmäßig erweitert, der jeweils aktuellste Beitrag findet sich oben.

 

Streik der eigenen Beschäftigten ist regelmäßig kein „außergewöhnlicher Umstand“

Mitte Februar 2024 streikten wieder die Beschäftigten der Deutschen Lufthansa AG, Lufthansa Technik, Lufthansa Cargo und weiterer Gesellschaften. Kurz davor waren es die Piloten der Tochtergesellschaft Discover. Für die Passagiere gut zu wissen: Ein von einer Gewerkschaft der Beschäftigten eines Luftfahrtunternehmens organisierter Streik ist kein „außergewöhnlicher Umstand“, der die Fluggesellschaft von ihrer Verpflichtung zur Leistung von Ausgleichszahlungen nach der Fluggastrechteverordnung wegen Annullierung oder großer Verspätung der betroffenen Flüge befreien könnte – EuGH, Urteil vom 23. März 2021, Az.: C-28/20.

 

Schnellstmögliches Angebot eines Ersatzfluges

Fluggesellschaften, die einen Flug wegen eines außergewöhnlichen Umstands annullieren, müssen betroffenen Fluggästen den schnellstmöglichen Ersatz anbieten. Sonst ist eine Entschädigung fällig, wie der BGH in einem recht aktuellen Urteil bestätigte. Passagiere hätten einen Anspruch auf frühestmögliche anderweitige Beförderung, wenn dies gemäß Art. 5 Abs. 3 Fluggastrechteverordnung für die Airline zumutbar sei – BGH, Urteil vom 10.10.2023 – X ZR 123/2.

 

Fluggäste dürfen selbst über Zeitpunkt einer Ersatzbeförderung entscheiden

Bei einer Flugannullierung haben Passagiere die Wahl zwischen Erstattung des Flugpreises und einer Ersatzbeförderung. Entscheiden sie sich für die Ersatzbeförderung, muss die Airline die Umbuchung entgeltfrei und unter vergleichbaren Bedingungen erbringen. Passagiere,können danach selbst bestimmen, wann den gewählten kostenlosen Ersatzflug antreten, Voraussetzung ist lediglich, dass Plätze verfügbar sind, ein unmittelbarer zeitlicher Zusammenhang mit dem usrsprünglichen Flug ist nicht erforderlich – BGH, Urteil vom 27. Juni 2023 – X ZR 50/22.

 

Begriff des „direkten Anschlussfluges“

Bei einer mit Umstiegen verbundenen Flugreise, die in der EU startet, hat der Passagier bei Verspätungen auch dann Anspruch auf eine Entschädigung, wenn diese erst bei einem Teilflug außerhalb der EU auftritt. Egal ist dabei, ob die direkten Anschlussflüge von unterschiedlichen, nicht rechtlich miteinander verbundenen Airlines durchgeführt werden. Entscheidend ist, dass die Flüge von einem Reiseunternehmen akzeptiert und registriert wurden und ein einheitlicher Flugschein im Sinne der EU-Fluggastrechte-Verordnung ausgegeben wurde – BGH, Urteil vom Urt. v. 16.06.2023, Az. X ZR 15/20.

 

 

 

 

 

 

Klage gegen das aufgesetzte Gehwegparken in Bremen teilweise erfolgreich

Das VG Bremen hat zu auf Gehwegen aufgesetzt parkenden Pkw entschieden. Die Straßenverkehrsbehörde wurde dazu verpflichtet, erneut über Anträge von Anwohnern zu entscheiden die dieses Parken in Wohnstraßen unterbinden wollen.

Die Kläger sind Eigentümer und Bewohner von Wohnhäusern in Bremen (hier: Östliche Vorstadt, Neustadt und Findorff – das Problem gibt es aber auch in anderen Stadtteilen). In den von ihnen bewohnten Straßen wird seit jeher unerlaubt auf beiden Straßenseiten aufgesetzt geparkt. Anträge auf Einschreiten gegen diese ordnungswidrigen Zustände wurden von der zuständigen Straßenverkehrsbehörde abgelehnt. Die Behörde meinte u.a., keinen Handlungsspielraum zu haben, wenn sich Ordnungsamt, Polizei und kommunaler Ordnungsdienst im ahmen der Gefahrenabwehr aufgrund des ihnen zustehenden Ermessens gegen ein Einschreiten entschieden. Mit ihrer Klage machten die Kläger geltend, dass die Straßenverkehrsbehörde geeignete Maßnahmen gegen das aufgesetzte Gehwegparken ergreifen und anschließend evaluieren müsse. Sie könne beispielsweise anordnen, dass die Autos entfernt werden, Zwangsmittel anwenden, Pfähle installieren oder Verkehrsschilder aufstellen. Der ordnungswidrige Zustand müsse auf jeden Fall beendet werden, da die Gehwege durch das aufgesetzte Gehwegparken zu eng seien.

Dem ist das Bremer Verwaltungsgericht im Wesentlichen gefolgt. Die Vorschriften, aus denen das grundsätzliche Verbot des Gehwegparkens folgt (§ 12 Abs. 4 und 4a StVO), dienten nicht nur dem Interesse der Allgemeinheit, sondern auch dem der konkret betroffenen Anwohner. Aufgrund der Besonderheiten des Einzelfalls dürfe sich die Straßenverkehrsbehörde auch nicht grundsätzlich gegen ein Einschreiten entscheiden. Die Straßenverkehrsbehörde könne die Anwohner auch nicht darauf verweisen, sich an die Ordnungsbehörden zu wenden. Diese schreiten in den betroffenen Wohnstraßen in der Regel nicht ein, so dass die Kläger damit faktisch rechtsschutzlos gestellt wären. Auch die betroffenen Autofahrer könnten sich nicht auf ein „Gewohnheitsrecht“ berufen.

Wegen der grundsätzlichen Bedeutung des Verfahrens hat die Kammer die Berufung gegen das Urteil zugelassen. Der Verfahrensgegenstand ist in vielen Teilen Bremens ein Politikum, da niemand weiß, wo die betroffenen Autofahrer sonst parken sollen. Öffentliche Parkplätze in einem zumutbaren Rahmen fehlen. Es liegt indes auf der Hand, dass auch die Anwohner berechtigte Interessen haben.

VG Bremen, 22.02.2022, Aktenzeichen: 5 K 1968/19

Verkehrsrecht – Übersicht über aktuelle Urteile 2020

Heute präsentieren wir Ihnen überblicksartig ein paar aktuelle Entscheidungen aus dem Verkehrszivilrecht, Verkehrsstrafrecht und dem Verkehrsvewaltungsrecht. Wie immer finden Sie weiterführende Links zu den Quellen und zu weiteren relevanten Infos auf unserer Webseite.

Haftung schon aufgrund leicht unangepasster Geschwindigkeit bei Gegenverkehr und Dunkelheit

Nach einer Entscheidung des OLG Celle muss der Führer eines Kfz seine Geschwindigkeit auf jeden Fall den Straßen-, Verkehrs-, Sicht- und Wetterverhältnissen anpassen. Das gelte insbesondere auf schmalen Straßen bei Dunkelheit und erkennbarem Gegenverkehr. Handelt der Autofahrer dem entgegen, kann er bei einem Zusammenstoß mit einem Traktor auch dann haften, wenn er die erlaubte Geschwindigkeit nur wenig überschritten hat und der Traktor Überbreite aufweist.

OLG Celle, Urteil vom 04.03.2020, 14 U 183/19

Vorläufiger Führerscheinentzug bei verbotenen Straßenrennen gerechtfertigt

Laut zweier Beschlüsse des LG Köln kann den Tatverdächtigen hinsichtlich eines verbotenen Straßenrennens bereits im Vorfeld einer Verurteilung die Fahrerlaubnis entzogen werden. Begehe jemand eine solche Tat, ist regelmäßig davon auszugehen, dass er als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen anzusehen ist. Der Verdacht gegen die Beschuldigten nach der recht jungen Vorschrift § 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB hatte sich daraus ergeben, dass sie sich als Kfz-Führer mit nicht angepasster Geschwindigkeit und grob verkehrswidrig rücksichtslos fortbewegt haben, um eine möglichst hohe Geschwindigkeit zu erzielen.

LG Köln, Beschlüsse vom 04.03.2020, 101 Qs 8/20, 101 Qs 7/20

Durch Scheinwohnsitz erlangte EU-Fahrerlaubnis berechtigt nicht zum Führen von Kraftfahrzeugen in Deutschland

Das VG Koblenz hat bestätigt, dass eine gültige EU- oder EWR-Fahrerlaubnis nicht zwingend das Führen von Kraftfahrzeugen in Deutschland erlaubt. Wenn die Umstände des Einzellfalls die Annahme rechtfertigen, dass die EU-Fahrerlaubnis nur mit einem Scheinwohnsitz im Ausland erlangt wurde, ist diese hier nicht gültig. Hierbei handelt es sich um ein komplexes Rechtsproblem, welches die Autofahrer in Deutschland immer wieder beschäftigt. Zu beachten ist, dass sich derjenige wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis strafbar macht, der in diesem Kontext hierzulande ein Kraftfahrzeug führt.

VG Koblenz, 03.03.2020, 4 L 158/20.KO

Härtefall: Ausnahme vom Regelfahrverbot gegen Bussgelderhöhung

Kürzlich hat das Amtsgericht Bremen wieder für eine unserer Mandantinnen entschieden, dass von der Anordnung eines Fahrverbotes ausnahmsweise abgesehen werden kann. Die Fahrerin war auf der Autobahn deutlich zu nah aufgefahren. Dafür wurde zunächst ein Bussgeld von 160,00 € und ein einmonatiges Fahrverbot verhängt.

Wir haben gegen den Bussgeldbescheid Einspruch eingelegt und Akteneinsicht beantragt. Im Laufe des Verfahrens gab es dann noch einen Ortstermin bei der Bremer Polizei. Hier musste Einblick in den Messfilm genommen werden. Dabei ergaben sich insgesamt gegen den Tatvorwurf an sich vorliegend keine Einwände. Trotzdem konnten wir für die Mandantschaft erreichen, dass das Fahrverbot wegfällt. Im Folgenden möchten wir unsere Einlassung dazu auszugsweise zitieren:

Konkretes Beispiel für eine Stellungnahme in Ordnungswidrigkeitenverfahren

Ein Fahrverbot würde für die Betroffene eine unzumutbare Härte darstellen. Hierfür ist keine außergewöhnliche Härte erforderlich, sondern es genügt ein erheblicher Nachteil für die Betroffene oder eine Vielzahl für sich genommen gewöhnlicher Umstände. Die Betroffene, wohnhaft in Bremen – Xyz, arbeitet in Bremen – Abc.  Damit ist der tägliche Arbeitsweg nicht unter zumutbaren Umständen mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zu bewerkstelligen. Bei günstigem Verlauf würde die Betroffene ca. 90 Minuten bis 2 Stunden für eine Strecke benötigen. Da mehrfach umgestiegen werden muss, ist typischerweise nicht mit einem günstigen Verlauf zu rechnen. Durch das Fahrverbot würde das tägliche Pendeln für die Betroffene zur Arbeitsstelle somit auf ca. 4 Stunden oder sogar mehr ausgedehnt. Dadurch würde eine Ausübung des Berufes und eine geordnete Lebensführung über die Grenze der Belastbarkeit erschwert.

Bei dieser Ausweitung der Pendelzeit handelt es sich auch nicht um eine bloße Einbuße von Bequemlichkeit. Eine solche könnte man gegebenenfalls bei einer Ausdehnung auf etwa 1 Stunde pro Strecke vielleicht noch annehmen. Das hiesige Ausmaß von jeweils ca. 2 Stunden pro Strecke wäre jedoch in der Folge unangemessen. In der Folge wäre auch mit deutlichen und häufigen Verspätungen der Betroffenen hinsichtlich der Ankunft am Arbeitsplatz zu rechnen. Damit drohen arbeitsrechtliche Konsequenzen bereits allein wegen der unkalkulierbaren täglichen Anreise zur Arbeitsstelle.

Zudem arbeitet die Betroffene als Ijk für Ihren Arbeitgeber. Im Rahmen dieser Tätigkeit muss sie häufiger externe Termine wahrnehmen. So gehören Lieferantenbesuche zum Aufgabenbereich der Betroffenen, außerdem Abnahmetermine bei Subunternehmern. Diesen Terminen ist eigen, dass sie regelmäßig relativ spontan wahrgenommen werden müssen. Außerdem finden diese an Orten statt, die weiter entfernt sind, auch auf dem Land – und daher mit den öffentlichen Verkehrsmitteln nicht oder kaum zugänglich.

Durch das Fahrverbot würde die Betroffene daher in die Situation geraten, dass sie ihre berufliche Tätigkeit nicht voll anforderungsgemäß ausüben könnte. Arbeitsrechtliche Maßnahmen des Arbeitgebers drohen daher auch unter diesem Gesichtspunkt.

Eine Einzelfallentscheidung, nicht geeignet für copy-and-paste

Diese Argumentation veranlasste das Gericht dazu, das Fahrverbot wegfallen zu lassen. Für die Mandantin war das trotz Verdopplung der Geldbusse ein großer Erfolg. Das ergibt sich auch schon aus der Begründung an sich.

Amtsgericht Bremen, Beschluss vom 09.09.2019, Az. 75 OWi 660 Js 36241/19 (394/19)

Wir bitten um Verständnis, dass wir aus Gründen des Datenschutzes nicht die gesamte Einlassung wiedergeben können. Wir wollten aber mal ein realistisches Bild vermitteln. Trotzdem müssen Sie als Leser unbedingt beachten, dass es hier um die Entscheidung in einem speziellen Einzelfall ging. Erst nach intensiver anwaltlicher Tätigkeit konnte die Einlassung verfasst werden. Die Einlassung enthält zwar ein paar allgemeine Grundsätze, kann keinesfalls ohne Weiteres auf andere Fälle angewendet werden. Sie als betroffener Laie erhalten schon keine Akteneinsicht. Auch  die Möglichkeit, Einblick in den Messfilm zu nehmen, wird man Ihnen nicht gewähren. Fazit: Wenn der Fall für Sie eine große (wirtschaftliche) Bedeutung hat, sollten Sie immer rechtzeitig einen Anwalt mandatieren. Vor allem sollten Sie keinesfalls selbst Angaben oder Rechtfertigungen gegenüber der Polizei machen. Sie haben das Recht zu schweigen, und zwar von Anfang an. Nutzen Sie es auf jeden Fall! Reden oder schreiben Sie sich nicht um Kopf und Kragen.

Entschädigung bei Vereitelung einer Reise infolge Flugausfalls

Das OLG Celle hat nach einem nun veröffentlichten Urteil entschieden, dass ein Reisender, der vom Ausfall der Reise erst am Flughafen erfährt, Entschädigung bis zur vollen Höhe des Reisepreises erhalten kann. Dies kommt insbesondere in Betracht, wenn weitere erschwerende Umstände hinzukommen,

Der Kläger buchte für sich und seine Familie bei der Beklagten eine Pauschalreise nach Kos. Der Gesamtpreis betrug 7.008 €. Am Vortag informierte das Reisebüro den Kläger mittags über möglicherweise auftretende Probleme beim für 3.00 Uhr nachts geplanten Hinflug. Auf telefonische Nachfrage des Klägers erklärte die Beklagte nachmittags, dass sie Ersatzflüge beschaffen könne. Die Reise fände statt. Die Familie begab sich daher gegen 1 Uhr nachts zum örtlichen Flughafen. Dort erfuhr der Kläger, dass der Flug ersatzlos gestrichen war. Zurück zu Hause buchte er noch am selben Tag eine Ersatzreise bei der Beklagten mit dem gleichen Ziel, aber einige Tage später und fast 2.000 € teurer. Am neuen Abreisetag begab sich der Kläger mit seiner Familie wieder zum örtlichen Flughafen. Dort erfuhr er, dass der wahrscheinlich Flug überbucht sei, er solle warten. Nach längerer Wartezeit konnte die Familie nicht fliegen. Die Urlaubszeit musste man zu Hause verbringen.

Erstattung des Reisepreises, zusätzlich erheblicher Schadenersatz

Der Kläger fordert mit der Klage Schadensersatz wegen vertaner Urlaubszeit in voller Höhe des zweiten, höheren Reisepreises. Diese Forderung steht hier dann neben der sowieso zu erfolgenden  Erstattung des Reisepreises. Der Kläger muss ja nicht für eine Reise bezahlen, die nicht stattfand.  In der ersten Instanz hatte der Kläger vor dem LG Hannover keinen Schadensersatz zugesprochen bekommen. Dem Landgericht reichte offenbar aus, dass der Reisepreis nicht gezahlt werden musste.

Das OLG Celle hingegen hat jetzt darauf hingewiesen, dass dem Kläger Schadensersatz in Höhe von 85% des Reisepreises zusteht. Nach Auffassung des Oberlandesgerichts rechtfertigen die Umstände die Entschädigungshöhe. Beide Reisen seien sehr kurzfristig abgesagt worden. Dadurch sei eine anderweitige Urlaubsplanung in besonderer Weise erschwert worden. Außerdem handelte es sich um sehr hochpreisige Reisen. Außerdem sei das Verhalten der Beklagten inakzeptabel gewesen. Sie habe die Familie wie eine frei verfügbare „Verschiebemasse“ behandelt, nicht wie rechtlich ihr gleichgeordnete Kunden.

OLG Celle, Urteil vom 10.04.2019, Az.: 11 U 13/19

Urteile aus dem Fluggastrecht und Reiserecht

Das Landgericht Frankfurt hat in seiner auf Reiserecht spezialisierten Kammer mehrere aktuelle Urteile gefällt.

Zur Minderung des Reisepreises bei fehlendem Koffer mit Fotoausrüstung

Einer Reisenden, der am Zielort ein Koffer mit Teilen der Fotoausrüstung fehlte, steht ein Anspruch auf Minderung von 25% des Reisepreises für die Tage ohne Koffer zu.

Kein Reisemangel bei Mitreisenden im Sichtfeld des Kabinenfensters

Kein Reisemangel liegt vor, wenn auf einem Kreuzfahrtschiff vor dem Fenster einer mit Meerblick gebuchten Kabine Mitreisende das Sichtfeld kreuzen. Nach Auffassung des Landgerichts hat der Klägerin klar sein müssen, dass sich auf dem Schiff andere Gäste und Personen befinden, die sich auch außerhalb ihrer Kabinen aufhalten und teilweise das Fenster der Klägerin passieren.

Falsches Fährhaus begründet Rückerstattung des vollen Reisepreises

Einem Reisenden indes, der eine Unterkunft in einem „Fährhaus“ auf Sylt gebucht hat, welches sich tatsächlich in dem Stadtteil „Norddeich“ der Stadt Norden in Ostfriesland befindet, hat einen Anspruch auf Minderung des Reisepreises in voller Höhe.

Rechtzeitig am Gate bei noch offenen Flugzeugtüren

In einem weiteren Urteil sprach die Reiserechtskammer den Reisenden einen Ausgleichsanspruch wegen Nichtbeförderung nach der sogenannten Fluggastrechteverordnung zu.  Da das Bordpersonal alleine der Sphäre des Luftfahrtunternehmens zuzuordnen sei, hätte die Fluggesellschaft diese Personen als Zeugen dafür benennen müssen, dass die Türen des Flugzeugs bereits geschlossen waren. Dieser sekundären Darlegungslast sei das Luftfahrtunternehmen jedoch nicht gerecht geworden. Denn die Passagiere hatten vorgetragen, dass Boarding sei noch nicht abgeschlossen gewesen. Die Türen des Flugzeugs hätten sie noch offen gesehen. Daher sei ein rechtzeitiges Erscheinen der Reisen am Gate zu unterstellen. Neben dem Ausgleichsanspruch erhielten die Reisenden ein Anspruch auf Erstattung ihrer Flugkosten für den versäumten Flug. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Weitere Informationen zum Thema finden Sie unter der Rubrik „Verkehrsrecht„.

 

 

 

Zur Haftung des Anschlussinhabers für Filesharing über ungesichertes WLAN

Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat kürzlich in einem Grundsatzurteil zur sogenannten Störerhaftung entschieden. Danach haftet der Betreiber eines Internetzugangs über WLAN und einen Tor-Exit-Nodes nach der Neufassung des § 8 Abs. 1 Satz 2 des Telemediengesetzes (TMG) zwar nicht für von Dritten über seinen Internetanschluss im Wege des Filesharings begangene Urheberrechtsverletzungen auf Unterlassung. In Betracht kommt jedoch ein Sperranspruch des Rechteinhabers gemäß § 7 Abs. 4 TMG.

BGH, Urteil vom 26.07.2018, I ZR 64/17 (Dead Island)

Leider liegt das Urteil im Volltext bisher noch nicht gedruckt vor, kann also auch nicht über den Webauftritt des BGH vollständig gelesen werden. Im Moment müssen wir uns immer noch mit der Pressemitteilung aus dem Juli begnügen. Danach hat der Bundesgerichtshof das Urteil des Oberlandesgerichts hinsichtlich der Verurteilung zur Unterlassung aufgehoben und die Sache insoweit  an das Oberlandessgericht zurückverwiesen. Die gegen die Zuerkennung der Abmahnkostenforderung gerichtete Revision hat der BGH zurückgewiesen. Die Verurteilung zur Unterlassung wurde aufgehoben, da nach der seit Oktober 2017 geltenden Neufassung des § 8 Abs. 1 Satz 2 TMG der Vermittler eines Internetzugangs nicht wegen einer rechtswidrigen Handlung eines Nutzers auf Schadensersatz, Beseitigung oder Unterlassung einer Rechtsverletzung in Anspruch genommen werden könne. Ist eine Handlung im Zeitpunkt der Revisionsentscheidung nicht mehr rechtswidrig, komme die Zuerkennung eines Unterlassungsanspruchs nicht in Betracht.

Daraufhin wurde das BGH-Urteil auch schon öffentlich gefeiert, da endlich das Ende der Störerhaftung besiegelt sei. Das allerdings muss bezweifelt werden.

Denn der BGH entschied weiter, dass der deutsche Gesetzgeber die Unterlassungshaftung des Zugangsvermittlers in § 8 Abs. 1 Satz 2 TMG nF zwar ausgeschlossen habe. Zugleich habe man aber in § 7 Abs. 4 TMG nF einen auf Sperrung des Zugangs zu Informationen gerichteten Anspruch gegen den Betreiber eines Internetzugangs über WLAN vorgesehen. Diese Vorschrift sei richtlinienkonform dahin fortzubilden, dass der Sperranspruch auch gegenüber den Anbietern drahtgebundener Internetzugänge geltend gemacht werden kann. Der Anspruch auf Sperrmaßnahmen sei nicht auf bestimmte Sperrmaßnahmen beschränkt. Der Anspruch könne auch die Pflicht zur Registrierung von Nutzern, zur Verschlüsselung des Zugangs mit einem Passwort oder – im äußersten Fall – zur vollständigen Sperrung des Zugangs umfassen. Zur Prüfung der Frage, ob der Klägerin gegenüber dem Beklagten ein Anspruch auf Sperrung von Informationen  zusteht, hat der BGH die Sache zurückverwiesen.

Mit dieser Begründung hat der BGH nicht die Störerhaftung abgeschafft, sondern zunächst einmal neue Unsicherheiten erschaffen. Die Folgen sind im Einzelnen noch völlig unklar. Zu hoffen bleibt, dass vielleicht die Volltextversion des Urteils noch etwas Licht ins Dunkel bringt.

Richtig ist allerdings wahrscheinlich die Annahme, dass das Urteil eine Zäsur bedeutet. Das Geschäftsmodell der übrig gebliebenen Abmahnkanzleien dürfte zumindest in Sachen Filesharing-Abmahnung deutlich unter Druck geraten. Künftig dürfte es schwerer werden, Anschlussinhaber kostenpflichtig abzumahnen, wenn über den Anschluss Filesharing an Filmen, Musik oder Computerspielen betrieben wurde.

Aber auch hier werden sich die konkreten Konsequenzen des BGH-Urteils erst in Zukunft zeigen. Sobald das Urteil im Volltext vorliegt, werden wir eine aktualisierte Bewertung vornehmen.

Nach EuGH-Entscheidung – Tuifly nimmt Berufung zurück

Zuletzt haben wir von der EuGH-Entscheidung berichtet, nach der ein sogenannter „wilder Streik“ kein Grund für Fluggesellschaften ist, um Ausgleichszahlungen nach der Fluggastrechteverordnung verweigern zu dürfen.

Zuvor hatten wir bereits ein positives Urteil am Amtsgericht Hannover gegen Tuifly erstritten. Die Airline war allerdings in Berufung gegangen. Weitere Informationen dazu sowie das Urteil selbst finden Sie im Newsarchiv.

Jetzt hat die Tuifly die Berufung allerdings zurückgenommen. Für unsere Mandantschaft also ein Sieg auf ganzer Linie, wenn auch nach langem Kampf.

Auch in anderen Fällen haben wir die Ansprüche der betroffenen Passagiere wieder aufgegriffen, und wie es aussieht kommen auch in diesen Fällen die Geschädigten noch zu ihrem verspäteten Recht.

Allerdings mussten wir in jedem einzelnen Fall wieder selbst aktiv werden – offensichtlich wäre die Tuifly von sich aus nicht freiwillig auf die Angelegenheiten zurückgekommen.

In diesem Zusammenhang gibt es dann noch einen besonders ärgerlichen Wermutstropfen: die Fluggesellschaft verweigert in den nunmehr noch außergerichtlich durchgesetzten Fällen die Erstattung der Anwaltskosten. Die Begründung dafür ist geradezu zynisch – die Einschaltung eines Anwalts sei nicht erforderlich gewesen.

Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen. Die Flugesellschaft verweigert jegliche Kooperation, läßt alle von den Passagieren selbst gesetzten Fristen verstreichen und führt an allen Fronten Gerichtsverfahren bis vor den EuGH. Wenn dann nach fast 2 Jahren die Geschädigten endlich – nur auf erneutes Anwaltschreiben hin! – ihr Geld bekommen, dann soll der Anwalt nicht notwendig gewesen sein?

Wir gehen nicht davon aus, dass die Fluggesellschaft mit dieser Auffassung durchkommt. Alle betroffenen Mandanten haben schon Klageauftrag erteilt. Wir werden Tuifly ein letztes Mal höflich bitten, noch zu regulieren. Hoffentlich hat man diesmal ein Einsehen, sonst rollt bald die nächste Klagewelle.

Jedenfalls sollte niemand seine Ansprüche aus dem Oktober 2016 gegen die Tuifly abschreiben, sondern jetzt noch zügig nachmelden. Die Verjährung tritt erst Ende Dezember 2019 ein. Die Airline sollte einmal angemahnt werden, danach sollte in der Regel anwaltliche Hilfe in Anspruch genommen werden.

EuGH entscheidet in Sachen TUIfly – „Wilder Streik“ ist kein außer­ge­wöhn­li­cher Umstand

Positiv überrascht konnten wir gestern die Meldung vernehmen, dass der Europäische Gerichtshof entgegen der Empfehlung des Generalanwalts über die massenhaften Flugverspätungen und Flugausfälle bei Flügen der Fluggesellschaft TUIfly im Oktober 2016 geurteilt hat. Meistens folgt das Gericht der Ansicht des Generalanwalts, und so standen die Zeichen noch Ende letzter Woche eher schlecht.

EuGH entscheidet gegen Empfehlung des Generalanwalts

Jetzt aber bestätigt der EuGH auch unsere Auffassung: die Massenkrankmeldung (wenn auch vielleicht ein mutmaßlich „illegaler Streik“) des Flugpersonals, die auf eine Ankündigung von erheblichen Umstrukturierungen im Konzern durch die TUIfly folgte, sei gerade keine ungewöhnliche Reaktion. Eine solche brauche es für das Vorliegen eines außergewöhnlichen Umstandes aber, welcher die Fluggesellschaft von der Haftung befreien könnte.

EuGH, Urteil vom 17.04.2018, Az. C-195/17 u.a.

Erste Erfolge in Musterverfahren

Unsere Kanzlei hatte bereits einen Erfolg für unsere Mandanten erstritten.

AG Hannover, Urteil vom 15.10.2017, 545 C 1101/17 (nicht rechtskräftig, PDF-Download)

Die beklagte Fluggesellschaft Tuifly war zwar in Berufung gegangen, aber nach dem Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Union gehen wir nun davon aus, dass wir auch die zweite Instanz am Landgericht Hannover gewinnen werden. Der Termin zur mündlichen Verhandlung soll im September sein. Wir halten Sie auf dem Laufenden.

Aufgrund der aktuellen Entwicklung können wir jedem Betroffenen der es noch nicht getan hat nur raten, seine Ansprüche so schnell wie möglich bei Tuifly nachzumelden. Am besten schreiben Sie die Airline einmal selbst an und fordern zur Zahlung nach der Fluggastrechteveordnung auf. Setzen Sie eine Frist von 14 Tagen. Verstreicht die Frist ohne Zahlung, können Sie zum Anwalt gehen. Wegen Verzugs muss die Fluggesellschaft dann in aller Regel auch die Anwaltskosten tragen.

Wie TUIfly auf das Urteil aus Brüssel im Einzelnen reagieren wird, ist allerdings noch nicht ganz absehbar. Ersten Pressemeldungen zufolge hatte man dort mit einer solchen Entscheidung nicht gerechnet. Soweit der EuGH die Möglichkeit offen gelassen hat, „jeder Einzelfall“ sein überprüfbar, könnte es sein, dass die Airline sich auch weiter gegen die Ansprüche zur Wehr setzt,

Google, Jameda & Co. – Arztbewertung einfach nur mit einem Stern kann zulässig sein

Das LG Augsburg hat entschieden, dass es auf einem Bewertungsportal zulässig sein kann, eine „Ein-Stern-Bewertung“ ohne Begründung abzugeben. Der Betreiber der so bewerteten Klinik kann von der Bewertungsplattform nicht die Löschung verlangen.

Der Betreiber der Plattform, auf welcher Nutzer Erfahrungsberichte zu verschiedenen Einrichtungen abgeben können, ist nicht verpflichtet, die Bewertung nur deshalb zu löschen, weil der Nutzer nach dem Vortrag des Kilinikbetreibers nicht in der Klinik behandelt wurde. Entscheidend ist allein, dass der Nutzer in irgendeiner Art und Weise mit der Klinik in Berührung kam und sich über diesen Kontakt eine Meinung über die Klinik gebildet hat, die ihn veranlasst hat eine Ein-Sternchen-Bewertung abzugeben.

LG Augsburg, Urteil v. 17.08.2017 – 022 O 560/17