Schlagwortarchiv für: Internetrecht

Klausel zur Verlängerung eines Probeabos mit exorbitanter Preissteigerung unwirksam

Das AG München hat aktuell entschieden, dass eine Klausel unwirksam ist, nach der sich ein dreimonatiges Probeabo für 9,99 € automatisch auf ein Jahresabo für 1.298,00 € verlängert, wenn es nicht fristgemäß gekündigt wird.

Rekordverdächtiges „Probeabo“

Anfang des Jahres 2019 bewarb die Klägerin auf ihrer Internetseite einen wöchentlichen Börsenbrief. Sie bot zum Kennenlernen ein dreimonatiges Testabo zum Preis von 9,99 € statt regulär 699,00 € an. Dem Angebot lagen die von der Klägerin verwendeten AGB zugrunde. Diese waren auf der Bestellseite einsehbar . Der beklagte Abonnent  bestellte ein Testabonnement des Börsenbriefs. Den Abschluss des Probeabos bestätigte die Klägerin dem Beklagten zugleich per E-Mail. Gleichzeitig machte die Klägerin die Abonnementskosten für das Testabonnement in Höhe von 9,99 € geltend. Der Beklagte beglich diese.

Im März 2019 stellte die Klägerin dem Beklagten für den Bezugszeitraum vom 17.04.2019 bis 17.04.2020 plötzlich 1.298,00 € in Rechnung. Daraufhin widerrief der Beklagte den Vertragsschluss. Die Klägerin akzeptierte dies nur als Kündigung zum 17.04.2020. Daher forderte sie mit der Klage fortgesetzt die entsprechende Bezahlung.

Überraschende Preissteigerung

Das AG München hat die Klage auf Zahlung der Jahresabokosten abgewiesen. Nach Auffassung des Amtsgerichts ist die Verlängerungsregelung der AGB in Verbindung mit der damit einhergehenden Preissteigerung überraschend i.S.d. § 305 c Abs. 1 BGB und wurde damit nicht Vertragsbestandteil. Damit verlängerte sich der ursprüngliche Vertrag über das Testabo nicht, welches mit 9,99 € vollständig bezahlt sei.

Zwar sei eine Klausel, wonach sich die Laufzeit ohne fristgemäße Kündigung um ein Jahr verlängere, für sich nicht überraschend. Hier jedoch bedeute die Verlängerung, dass sich der Vertrag um die vierfache Zeit für den 120-fachen Preis verlängere. Hiermit müsse der Vertragspartner nicht rechnen. Angesichts der Aufmachung der Internetseite der Kläger entstehe vielmehr der Eindruck, dass gerade darauf abgezielt werde, Kunden unter Zeitdruck zu setzen, um dann im Falle eines unterbliebenen Widerrufs exorbitante Preissteigerungen geltend machen zu können.

AG München, Urteil vom 24.10.2019, Az: 261 C 11659/19. Das Urteil ist rechtskräftig.

KG Berlin – Postfachadresse stellt keine ladungsfähige Hausanschrift dar

Das KG ist der Auffassung, dass die Angabe eines Postfachs in einer Widerrufsbelehrung nicht den gesetzlichen Anforderungen genügt. Im Gesetz sei eindeutig geregelt, dass der Name und die ladungsfähige Anschrift desjenigen enthalten sein muss, gegenüber dem der Widerruf zu erklären ist.

Hausanschrift erfordert Angabe von Straße, Hausnummer und Postleitzahl

Die Kläger schlossen mit dem beklagten Kreditinstitut im Juli 2011 zwei Immobiliardarlehensverträge. Diese lösten sie im Oktober 2011 inklusive einer Vorfälligkeitsentschädigung ab. Im November 2015 widerrief sie ihre auf Abschluss der Darlehensverträge gerichteten Willenserklärungen. In der ersten Instanz vor dem Landgericht Berlin hatten die Kläger weitgehend recht bekommen. Das KG beabsichtigt, die Berufung der Beklagten durch Beschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.

Das Kammergericht bestätigt die Rechtsposition des Landgerichts dahingehend, dass die den Klägern erteilte Widerrufsinformation nicht geeignet war, die Widerrufsfrist von 14 Tagen in Gang zu setzen. Wegen der Angabe lediglich eines Postfachs anstatt einer ladungsfähigen Hausanschrift genügt gerade nicht den gesetzlichen Anforderungen.

KG Berlin, Beschluss vom 16.05.2019,  6 U 3/19 (Quelle: juris.de)

Die Widerrufsbelehrung hat insbesondere Bedeutung beim Online-Shopping und ähnlichen Fernabsatzgeschäften. Zum Rechtsgebiet „Internetrecht“ gelangen Sie hier.

OLG München entscheidet zu Lieferangaben beim Online-Shopping

Onlinehändler müssen ihren Kunden immer einen konkreten Lieferzeitraum für Bestellungen nennen. Vage Angaben wie „bald verfügbar“ erfüllen diese Vorgabe nicht, so das OLG München, 6 U 3815/17, Urteil vom 17.08.2018.

Das Urteil wurde von der Verbraucherzentrale NRW erstritten, ist aber noch nicht rechtskräftig, da noch Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revison eingelegt weden könnte.

Die Verbraucherschützer hatten gegen den Online-Shop der Elektronikkette Mediamarkt wegen unzulässiger Informationsangaben bei der Online-Bestellung eines Smartphones geklagt. Nach Angaben der Düsseldorfer VZ bekamen Kunden dort zumindest noch im August 2016 während der Bestellung eines Samsung Galaxy S6 mehrfach folgenden Hinweis angezeigt: „Der Artikel ist bald verfügbar. Sichern Sie sich jetzt ein Exemplar!“ Die Richter bestätigten die Auffassung, dass die unbestimmte Angabe zur Lieferung bei Warenbestellungen im Internet gegen die gesetzliche Informationspflicht der Anbieter verstößt.

LG Lübeck: Google muss anonyme Ein-Sterne-Bewertung löschen

Ein betroffener Arzt kann die Löschung einer negativen Bewertung bei Google verlangen, auch wenn diese keinen Text enthält. Das Landgericht Lübeck hat in einem aktuellen Urteil Google auf Unterlassung verurteilt. Bei Zuwiderhandlung droht Google ein Ordnungsgeld bis zu 250.000 Euro.

Das Gericht sah in der Bewertung vorliegend eine unzulässige Meinungsäußerung. Ob das Urteil verallgemeinert werden kann, ist fraglich. Es war nämlich eine Besonderheit des Falles, dass die Bewertung unter dem Namen des Betroffenen selbst veröffentlicht worden war. Das veranlasste das Gericht zu der Überlegung, entweder handele es sich um einen Patienten gleichen Namens, der die Leistung des Klägers schlecht bewertet; oder es handele sich um jemanden, der seinen Namen nicht preisgeben will; oder es handele sich um ein ,,Fake“, sodass offenkundig würde, dass der Urheber der Bewertung dem Kläger Schaden zufügen will und es auf den Kläger zurückfällt, wenn er hiergegen nichts unternimmt.

Alle drei Gründe reichten dem Gericht, um die Freiheit der Meinungsäußerung hinter das Persönlichkeitsrecht des Arzte zurücktreten zu lassen.

Google, Jameda & Co. – Arztbewertung einfach nur mit einem Stern kann zulässig sein

Das LG Augsburg hat entschieden, dass es auf einem Bewertungsportal zulässig sein kann, eine „Ein-Stern-Bewertung“ ohne Begründung abzugeben. Der Betreiber der so bewerteten Klinik kann von der Bewertungsplattform nicht die Löschung verlangen.

Der Betreiber der Plattform, auf welcher Nutzer Erfahrungsberichte zu verschiedenen Einrichtungen abgeben können, ist nicht verpflichtet, die Bewertung nur deshalb zu löschen, weil der Nutzer nach dem Vortrag des Kilinikbetreibers nicht in der Klinik behandelt wurde. Entscheidend ist allein, dass der Nutzer in irgendeiner Art und Weise mit der Klinik in Berührung kam und sich über diesen Kontakt eine Meinung über die Klinik gebildet hat, die ihn veranlasst hat eine Ein-Sternchen-Bewertung abzugeben.

LG Augsburg, Urteil v. 17.08.2017 – 022 O 560/17

„Rufmord“- Urteil: Google muss Suchinhalte nicht vorab prüfen

Heute hat der BGH entschieden, dass der Anbieter einer Internet-Suchmaschine (hier: Google) nicht verpflichtet ist, sich vor der Anzeige eines Suchergebnisses zu vergewissern, ob die von den Algorithmen aufgefundenen Inhalte Persönlichkeitsrechtsverletzungen beinhalten. Der Suchmaschinenbetreiber muss erst dann reagieren, wenn er durch einen konkreten Hinweis von einer offensichtlichen und klar erkennbaren Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts Kenntnis erlangt.

Bundegerichtshof, Urteil vom 27. Februar 2018 – VI ZR 489/16

Verbotene Werbung durch Kundenbewertungen auf Firmenwebsite

Das OLG Köln hat entschieden, dass die Veröffentlichung von Kundenbewertungen auf einer Firmenwebsite Werbung sein kann, die unter eine strafbewehrte Unterlassungserklärung fällt, wenn der Inhalt der Kundenaussagen deckungsgleich ist mit dem Gegenstand des Unterlassungsversprechens.

Im vorliegenden Fall war eine Unterlassungserklärung abgegeben worden, da wissenschaftliche Erkenntnisse fehlten, um die Werbeaussagen eines Unternehmens zu stützen. Nach der Unterlassungserklärung ließ das Unternehmen aber (scheinbare?) Kundenbewertungen veröffentlichen, die wiederum die gleiche Botschaft verbreiteten wie zuvor die unbewiesenen Werbeaussagen.