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Spa­ni­sche Air­line kann in Deutschland für gestrichenen spanischen Teilflug ver­klagt werden

Bei Annulierung eines Fluges können die betroffenen Passagiere von der verantwortliche Fluggesellschaft Ausgleichszahlungen nach der EU-Fluggastrechteverordnung verlangen. Dabei gibt es in der Praxis vor allem bei Transit- und Anschlussflügen diverse rechtliche Problemfelder. Der EuGH musste sich nun gerade mit einer Anfrage des AG Hamburg befassen. Im vorliegenden Fall wurden in einer einheitlichen Buchung mehrere Teilflüge von Hamburg nach San Sebastian gebucht. Zwischenstationen waren London und Madrid. Die Flüge wurden von zwei verschiedenen europäischen Airlines durchgeführt. Der Flug zwischen Madrid und San Sebastian wurde ohne Vorwarnung annulliert.

Abflugort des ersten Teilflugs auch Erfüllungsort des kombinierten Flugs insgesamt

Das zunächst befasste Amtsgericht Hamburg hatte Zweifel an seiner Zuständigkeit. Denn bei dem annulierten Flug ging es um eine spanische Fluggesellschaft und eine rein auf Spanien begrenzte Flugverbindung. Allerdings entschieden die Richter am Europäischen Gerichtshof, dass Passagiere bei einer mehrteiligen Flugverbindung ihren Anspruch auf Ausgleich auch dann vor dem Gericht des Abflugorts geltend machen können, wenn der annullierte Teilflug das Land des Abflugortes gar nicht tangiert. Denn bei einer einheitlich gebuchten Flugverbindung wie im hier betroffenen Fall gilt der Abflugort des ersten Teilflugs als einer der Orte, an denen die Dienstleistung des Beförderungsvertrags im Luftverkehr hauptsächlich erbracht wird. Deshalb kann dieser Abflugort auch der Erfüllungsort des kombinierten Flugs insgesamt im Sinne der Verordnung über die gerichtliche Zuständigkeit sein.

EuGH, Beschl. v. 20.02.2020, Az. C-606/19

Entschädigung bei Vereitelung einer Reise infolge Flugausfalls

Das OLG Celle hat nach einem nun veröffentlichten Urteil entschieden, dass ein Reisender, der vom Ausfall der Reise erst am Flughafen erfährt, Entschädigung bis zur vollen Höhe des Reisepreises erhalten kann. Dies kommt insbesondere in Betracht, wenn weitere erschwerende Umstände hinzukommen,

Der Kläger buchte für sich und seine Familie bei der Beklagten eine Pauschalreise nach Kos. Der Gesamtpreis betrug 7.008 €. Am Vortag informierte das Reisebüro den Kläger mittags über möglicherweise auftretende Probleme beim für 3.00 Uhr nachts geplanten Hinflug. Auf telefonische Nachfrage des Klägers erklärte die Beklagte nachmittags, dass sie Ersatzflüge beschaffen könne. Die Reise fände statt. Die Familie begab sich daher gegen 1 Uhr nachts zum örtlichen Flughafen. Dort erfuhr der Kläger, dass der Flug ersatzlos gestrichen war. Zurück zu Hause buchte er noch am selben Tag eine Ersatzreise bei der Beklagten mit dem gleichen Ziel, aber einige Tage später und fast 2.000 € teurer. Am neuen Abreisetag begab sich der Kläger mit seiner Familie wieder zum örtlichen Flughafen. Dort erfuhr er, dass der wahrscheinlich Flug überbucht sei, er solle warten. Nach längerer Wartezeit konnte die Familie nicht fliegen. Die Urlaubszeit musste man zu Hause verbringen.

Erstattung des Reisepreises, zusätzlich erheblicher Schadenersatz

Der Kläger fordert mit der Klage Schadensersatz wegen vertaner Urlaubszeit in voller Höhe des zweiten, höheren Reisepreises. Diese Forderung steht hier dann neben der sowieso zu erfolgenden  Erstattung des Reisepreises. Der Kläger muss ja nicht für eine Reise bezahlen, die nicht stattfand.  In der ersten Instanz hatte der Kläger vor dem LG Hannover keinen Schadensersatz zugesprochen bekommen. Dem Landgericht reichte offenbar aus, dass der Reisepreis nicht gezahlt werden musste.

Das OLG Celle hingegen hat jetzt darauf hingewiesen, dass dem Kläger Schadensersatz in Höhe von 85% des Reisepreises zusteht. Nach Auffassung des Oberlandesgerichts rechtfertigen die Umstände die Entschädigungshöhe. Beide Reisen seien sehr kurzfristig abgesagt worden. Dadurch sei eine anderweitige Urlaubsplanung in besonderer Weise erschwert worden. Außerdem handelte es sich um sehr hochpreisige Reisen. Außerdem sei das Verhalten der Beklagten inakzeptabel gewesen. Sie habe die Familie wie eine frei verfügbare „Verschiebemasse“ behandelt, nicht wie rechtlich ihr gleichgeordnete Kunden.

OLG Celle, Urteil vom 10.04.2019, Az.: 11 U 13/19

Bundesgerichtshof – Ausgleichszahlungen nach Fluggastrechteverordnung sind auf reise- und beförderungsvertragliche Ersatzansprüche anzurechnen

Der für das Reise- und Personenbeförderungsrecht zuständige X. Zivilsenat des BGH hat gestern entschieden, dass Passagiere bei Flugverspätungen oder Flugausfällen keine „doppelte“ Entschädigung verlangen können (Az: X ZR 128/18 und X ZR 165/18). Vielmehr müssen sich die Passagiere in bestimmten Konstellationen bereits erlangte Ausgleichszahlungen jeweils anrechnen lassen. Damit soll eine Überkompensation vermieden werden.

Die Urteile des BGH sind als Klarstellung zu begrüßen und stellen für sich Grundsatzentscheidungen dar. Allerdings sind die betroffenen Sach- und Rechtsfragen so komplex, dass die Urteile sich nicht auf alle Fälle anwenden lassen. Es besteht unseres Erachtens die Gefahr der Irreführung durch die Grundsatzentscheidungen.

Nicht einfach abspeisen sondern prüfen lassen

Wer von einer solchen Situation betroffen ist, sollte sich jetzt nicht einfach mit dem Verweis auf die aktuellen BGH-Urteile zufrieden geben. Die Fluggesellschaften und Reiseveranstalter versuchen immer wieder, die eigenen Kunden zu übervorteilen. Die Airlines zahlen ohne Klage nämlich oft nicht mehr. So bleiben werthaltige Ansprüche der Geschädigten auf der Strecke. Wird jedoch ein Anwalt tätig und das mit Nachdruck, führt das überwiegend doch zum Erfolg für die Passagiere. Scheinbar lohnt die Blockadehaltung sich immer noch für die Airlines, obwohl diese regelmäßig dann auch noch alle Anwalts- und Gerichtskosten zahlen müssen. Denn es gibt weiterhin durchaus Fälle, in denen den betroffenen Passagieren auch neben der Pauschal-Entschädigung nach der FluggastrechteVO noch weitere bedeutende Entschädigungsansprüche zustehen. Es bleibt dabei, dass in jedem einzelnen Fall die jeweiligen Ansprüche sorgfältig geprüft werden müssen.

Ansprüche mit Nachdruck gerichtlich verfolgen
Wir haben in den letzten Monaten eine Vielzahl von Anerkenntnisurteilen gegen Fluggesellschaften vor den Amtsgerichten in Bremen, Hannover und Hamburg erstritten, vor allem gegen Ryanair. Aber auch Urteile gegen die Lufthansa, Tuifly, Sunexpress oder Atlas Global waren dabei. Die Bereitschaft der Airlines, die Sachen vor Gericht bis zum Ende auszufechten ist scheinbar genauso niedrig, wie die grundsätzliche Zahlungsbereitschaft. Gerne helfen wir betroffenen Passagieren weiter.
Hier geht es zur Pressemitteilung des BGH zu den aktuellen Urteilen, dort gelangt man auch zu den Volltexturteilen. Einen Rechtstipp zum Thema finden Sie hier. Weitere Infos können Sie an diversen Stellen auf dieser Homepage finden.

 

 

FluggastrechteVO – Annullierung eines Flugs wegen Streik

Die Frage, ob und wann ein Streik dazu führt, dass Passagiere keine Ansprüche gegen die Fluggesellschaft wegen Flugausfall oder Flugverspätung haben, beschäftigt immer wieder die Gerichte.  Weitere Infos zum Thema finden Sie in unserem Newsarchiv oder über die Suchfunktion oben rechts. Oft führt ein Streik dazu, dass ein so genannter außergewöhnlicher Umstand für die Fluggesellschaft angenommen wird.

Bestreikung der Passagierkontrollen am Startflughafen

Der Bundesgerichtshof hat allerdings kürzlich entschieden, dass den Passagieren eines annullierten Flugs auch dann ein Anspruch auf Ausgleichszahlung zustehen kann, wenn die Passagierkontrollen am Startflughafen bestreikt wurden und deshalb nicht gewährleistet war, dass alle Passagiere den Flug erreichen konnten.

Leitsätze:

a) Bei einem Streik geht die Annullierung eines Flugs nur dann auf außergewöhnliche Umstände zurück, wenn der Streik zu Folgen führt, die sich mit zumutbaren Maßnahmen nicht abwenden lassen, und wenn diese Folgen die Annullierung rechtlich oder tatsächlich notwendig machen.

b) Die Notwendigkeit einer Annullierung des Flugs ergibt sich nicht allein daraus, dass zahlreiche für den Flug gebuchte Passagiere infolge eines Streiks der Beschäftigten an den Passagierkontrollen den Flug nicht rechtzeitig erreichen können.

c) Die Annullierung eines Flugs geht nicht auf außergewöhnliche Umstände zurück, wenn bei einem Streik der Beschäftigten an den Passagierkontrollen die Luftsicherungsbehörden keine besonderen Maßnahmen zur Gefahrenabwehr (wie die Schließung der Kontrollstellen oder die Räumung des Abflugbereichs) ergriffen haben und lediglich die abstrakte Gefahr besteht, dass die Überprüfung der Fluggäste wegen des starken Andrangs auf nur wenige besetzte Kontrollstellen nicht mit der gebotenen Sorgfalt durchgeführt worden sein könnte.

BGH, Urteil vom 4. September 2018 – X ZR 111/17

 

Auch Reiseveranstalter haften bei Flugausfall

Amtsgericht Osterholz-Scharmbeck, Urteil vom 14.08.2018, 15 C 101/18

Das Amtsgericht in Osterholz-Scharmbeck hatte gerade über einen Fall unserer Mandantschaft zu entscheiden, die von Ryanair nicht aus Portugal zurück nach Deutschland geflogen wurde. Es handelte sich um einen Flugausfall im Zusammenhang mit einer Pauschalreise. Ryanair verweigerte Entschädigungszahlungen nach der Fluggastrechteverordnung mit Hinweis auf einen außergewöhnlichen Umstand. Selbst wenn dies stimmt, darf der Reiseveranstalter aber den Reisenden nicht einfach hilflos auf sich allein gestellt zurücklassen. Tut er dies doch, dann muss er zumindest die Kosten für die eigen-organisierte Rückreise der Passagiere erstatten.

Was eigentlich wie eine Selbstverständlichkeit klingt, musste erst erkämpft werden. Das rechtskräftige Urteil zitieren wir im Folgenden im Volltext:

 

1. Tatbestand

Der Kläger buchte am 06.08.2017 bei der Beklagten für sich und seine Familie eine Pauschalreise für den Reisezeitraum 03.10.2017 bis 10.10.2017. Neben einem Hotelaufenthalt waren Flüge mit der Fluggesellschaft Ryanair von Bremen nach Faro und zurück am 03.10.2017 bzw. am 10.10.2017 um 18:05 Uhr inbegriffen. Der Reisepreis betrug 1495,- €. Diesen bezahlte der Kläger vor Reiseantritt. Wegen des Inhalts des Reisevertrages im Einzelnen wird auf die Buchung, BI. 6 d.A. Bezug genommen.

Als die Familie am 10.10.2017 per vom Veranstalter organisiertem Shuttle mehrere Stunden von der Abflugzeit den Flughafen Faro erreichte und einchecken wollte, stellte sich heraus, dass der Rückflug ausfiel. Ein Ersatzflug wurde nicht angeboten. Letztlich buchte der Kläger für den 11.10.2017 um 18:35 Uhr selbst einen Ersatzflug mit einer anderen Fluggesellschaft von Faro nach Düsseldorf, von wo aus die Familie mit dem Zug nach Bremen fuhr. Es entstanden Kosten für ein Taxi zum Flughafen in Höhe von 36,- €, den Flug i.H.v. 870,15 € und die Bahnfahrt in Höhe von 95,80 €. Der Kläger forderte die Beklagte durch anwaltliches Schreiben vom 26.10.2017 erfolglos zum Ausgleich der o.g. Kosten bis zum 08.11.2017 auf.

Der Kläger behauptet, er habe ca. 6 Stunden am Schalter der Fluggesellschaft gewartet, um Informationen zum weiteren Ablauf zu bekommen. Während dieser Zeit habe er mehrfach erfolglos versucht, die Beklagte telefonisch zu erreichen, um den Flugausfall zu besprechen und den Rückflug zu klären. Es sei dauer-besetzt gewesen. Auch am Schalter habe er keine konkreten Informationen bekommen.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1001,95 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basissatz seit dem 09.11_2017 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte behauptet, der Flugausfall beruhe auf einem Streik der Flugsicherung in Frankreich. Es sei damit nicht möglich gewesen, den streitgegenständlichen Flug zu absolvieren, da eine sichere Abwicklung aufgrund des ungesicherten Flugraums nicht möglich gewesen sei. 

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugin XXX YYY. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird verwiesen auf das Sitzungsprotokoll vom 10.07.2018, Bl. 40 if. d.A.

2. Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage hat in der Sache vollen Erfolg. Dem Kläger steht Schadensersatz in beantragter Höhe gem. § 651 f BGB in der Fassung bis zum 31.12.2017 zu. Die von ihm gebuchte Reise wies einen Mangel i.S.d. § 651c BGB auf, denn der Rückflug wurde nicht wie vereinbart geleistet.

Der Anspruch ist auch nicht gem. § 651 d Abs. 2 BGB ausgeschlossen. Danach bestünde kein Anspruch, wenn es der Reisende schuldhaft unterlassen hätte, den Mangel anzuzeigen. Beweisbelastet ist insoweit der Reisende. Zwar ist unstreitig eine Mangelanzeige nicht erfolgt. Dies erfolgte aber nicht schuldhaft. Der Kläger hat bewiesen, dass er immer wieder versucht hat, den Mangel anzuzeigen, indem er über Stunden erfolglos versuchte, die Beklagte über die in den Reiseunterlagen mitgeteilte Telefonnummer zu erreichen. Hiervon ist das Gericht aufgrund er
Aussage der Zeugin überzeugt, die diese Angaben des Klägers anschaulich bestätigt hat. Zwar verkennt das Gericht nicht, dass diese als Ehefrau und Mitreisende ein erhebliches Interesse
am Ausgang des Rechtsstreits hat. Zusammen mit der plastischen Schilderung des Beklagten selbst und ihrer in sich stimmigen Schilderung ist das Gericht aber davon überzeugt, dass trotz
mehrfacher Versuche des Klägers tatsächlich niemand zu erreichen war. Dazu kommt, dass die Beklagte den geschilderten Sachverhalt gar nicht konkret bestritten hat. Sie hat weder vorgetragen, dass sie erreichbar gewesen wäre, noch in welcher Weise sie dafür gesorgt hat, für die Vielzahl der im Fall eines Flugausfalls zu erwartenden Anrufe erreichbar zu sein. Zudem hat die Beklagte nicht vorgetragen inwieweit sie Abhilfe geleistet hätte, wenn sich der Kläger an sie gewandt hätte. Außerdem ist im vorliegenden Fall des Flugausfalls davon auszugehen, dass
die Beklagte hierüber bereits informiert war.

Der Anspruch ist auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil die Beklagte den Flugausfall etwa nicht zu vertreten hätte. Hierfür ist die Beklagte darlegungs- und beweisbelastet. Es fehlt schon
an einem Vortrag dazu, dass der Flug nur über Frankreich möglich war. Tatsächlich konnte eine andere Fluggesellschaft zumindest am nächsten Tag nach Deutschland fliegen, was sich dar-
aus ergibt, dass der Kläger mit seiner Familie transportiert wurde. Wenn der Flug wie von der Klägerin dargelegt, tatsächlich aufgrund eines Streiks der Flugsicherung nicht möglich gewesen
wäre, läge dies allerdings nicht in ihrem Verantwortungsbereich und der Anspruch entfiele. Dies hat der Kläger aber zulässigerweise mit Nichtwissen bestritten. Zwar hat er vorgerichtlich selbst diese Vermutung geäußert, dies ist aber kein Zugeständnis. Nur weil er wiedergibt, dass er gerüchteweise etwas Derartiges gehört hat, gesteht er nicht den klägerseits nachträglich behaupteten Sachverhalt zu. Der klägerische Vortrag ist damit streitig. Beweis für ihren Vortrag hat die Klägerin auch auf den entsprechenden Hinweis im Termin hin nicht angetreten.

Der Höhe nach stehen dem Kläger die vollen Kosten des Ersatzflugs samt Nebenkosten wie Taxi und Bahnfahrt zu. Die Beklagte bot innerhalb angemessener Zeit keinen Ersatzflug an. Sie selbst trägt nicht vor, wann ein Rückflug möglich gewesen wäre. Dem Vortrag des Klägers, dass dies mehrere Tage gedauert hätte, ist sie nicht substantiiert entgegengetreten. Damit sind die
Kosten des Ersatzflugs erstattungsfähiger Schaden. Den durch Vorlage entsprechender Unterlagen wie Boardingspässen, Kopien des E-Tickets, Taxiquittung und Bahntickets, außerdem
des Kontoauszugs vom 27.10.2017 und der Umsatzaufstellung der Master Card vom 20.10.2017 konkretisierten Vortrag des Beklagten ist die Klägerin nicht konkret entgegengetreten. Das pauschale Bestreiten mit Nichtwissen reicht angesichts der erfolgten Konkretisierung nicht aus. Zudem wurde der Vortrag zum Schaden durch die Zeugin glaubhaft bestätigt. Das Gericht ist mithin auch davon überzeugt, dass dem Kläger die Reisekosten in geltend gemachter Höhe tatsächlich entstanden sind.

Die geltend gemachten Zinsen stehen dem Kläger aus § 286,288 BGB zu.

Die Klage war somit mit den Nebenfolgen aus §§ 91, 708 Nr. 11, 711 ZPO in vollem Umfang zuzusprechen.

EuGH entscheidet erneut zu Fluggastrechteverordnung

Chartert eine Fluggesellschaft eine komplette Maschine samt Besatzung – sog. Wetlease -, bleibt sie trotzdem ausführendes Luftfahrtunternehmen nach der Fluggastrechteverordnung. Der EuGH hat gerade aktuell entschieden wie folgt zusammengefasst:

Im Fall einer großen Flugverspätung ist zur Zahlung der den Fluggästen zustehenden Ausgleichsleistung nicht diejenige Fluggesellschaft verpflichtet, die das verwendete Flugzeug samt Besatzung vermietet hat, sondern diejenige, die entschieden hat, den Flug durchzuführen.

EuGH, Urteil vom 04.07.2018, Rechtssache C-532/17

Mehr zum Thema: https://anwalt-nord.de

 

Nach EuGH-Entscheidung – Tuifly nimmt Berufung zurück

Zuletzt haben wir von der EuGH-Entscheidung berichtet, nach der ein sogenannter „wilder Streik“ kein Grund für Fluggesellschaften ist, um Ausgleichszahlungen nach der Fluggastrechteverordnung verweigern zu dürfen.

Zuvor hatten wir bereits ein positives Urteil am Amtsgericht Hannover gegen Tuifly erstritten. Die Airline war allerdings in Berufung gegangen. Weitere Informationen dazu sowie das Urteil selbst finden Sie im Newsarchiv.

Jetzt hat die Tuifly die Berufung allerdings zurückgenommen. Für unsere Mandantschaft also ein Sieg auf ganzer Linie, wenn auch nach langem Kampf.

Auch in anderen Fällen haben wir die Ansprüche der betroffenen Passagiere wieder aufgegriffen, und wie es aussieht kommen auch in diesen Fällen die Geschädigten noch zu ihrem verspäteten Recht.

Allerdings mussten wir in jedem einzelnen Fall wieder selbst aktiv werden – offensichtlich wäre die Tuifly von sich aus nicht freiwillig auf die Angelegenheiten zurückgekommen.

In diesem Zusammenhang gibt es dann noch einen besonders ärgerlichen Wermutstropfen: die Fluggesellschaft verweigert in den nunmehr noch außergerichtlich durchgesetzten Fällen die Erstattung der Anwaltskosten. Die Begründung dafür ist geradezu zynisch – die Einschaltung eines Anwalts sei nicht erforderlich gewesen.

Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen. Die Flugesellschaft verweigert jegliche Kooperation, läßt alle von den Passagieren selbst gesetzten Fristen verstreichen und führt an allen Fronten Gerichtsverfahren bis vor den EuGH. Wenn dann nach fast 2 Jahren die Geschädigten endlich – nur auf erneutes Anwaltschreiben hin! – ihr Geld bekommen, dann soll der Anwalt nicht notwendig gewesen sein?

Wir gehen nicht davon aus, dass die Fluggesellschaft mit dieser Auffassung durchkommt. Alle betroffenen Mandanten haben schon Klageauftrag erteilt. Wir werden Tuifly ein letztes Mal höflich bitten, noch zu regulieren. Hoffentlich hat man diesmal ein Einsehen, sonst rollt bald die nächste Klagewelle.

Jedenfalls sollte niemand seine Ansprüche aus dem Oktober 2016 gegen die Tuifly abschreiben, sondern jetzt noch zügig nachmelden. Die Verjährung tritt erst Ende Dezember 2019 ein. Die Airline sollte einmal angemahnt werden, danach sollte in der Regel anwaltliche Hilfe in Anspruch genommen werden.

EuGH entscheidet in Sachen TUIfly – „Wilder Streik“ ist kein außer­ge­wöhn­li­cher Umstand

Positiv überrascht konnten wir gestern die Meldung vernehmen, dass der Europäische Gerichtshof entgegen der Empfehlung des Generalanwalts über die massenhaften Flugverspätungen und Flugausfälle bei Flügen der Fluggesellschaft TUIfly im Oktober 2016 geurteilt hat. Meistens folgt das Gericht der Ansicht des Generalanwalts, und so standen die Zeichen noch Ende letzter Woche eher schlecht.

EuGH entscheidet gegen Empfehlung des Generalanwalts

Jetzt aber bestätigt der EuGH auch unsere Auffassung: die Massenkrankmeldung (wenn auch vielleicht ein mutmaßlich „illegaler Streik“) des Flugpersonals, die auf eine Ankündigung von erheblichen Umstrukturierungen im Konzern durch die TUIfly folgte, sei gerade keine ungewöhnliche Reaktion. Eine solche brauche es für das Vorliegen eines außergewöhnlichen Umstandes aber, welcher die Fluggesellschaft von der Haftung befreien könnte.

EuGH, Urteil vom 17.04.2018, Az. C-195/17 u.a.

Erste Erfolge in Musterverfahren

Unsere Kanzlei hatte bereits einen Erfolg für unsere Mandanten erstritten.

AG Hannover, Urteil vom 15.10.2017, 545 C 1101/17 (nicht rechtskräftig, PDF-Download)

Die beklagte Fluggesellschaft Tuifly war zwar in Berufung gegangen, aber nach dem Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Union gehen wir nun davon aus, dass wir auch die zweite Instanz am Landgericht Hannover gewinnen werden. Der Termin zur mündlichen Verhandlung soll im September sein. Wir halten Sie auf dem Laufenden.

Aufgrund der aktuellen Entwicklung können wir jedem Betroffenen der es noch nicht getan hat nur raten, seine Ansprüche so schnell wie möglich bei Tuifly nachzumelden. Am besten schreiben Sie die Airline einmal selbst an und fordern zur Zahlung nach der Fluggastrechteveordnung auf. Setzen Sie eine Frist von 14 Tagen. Verstreicht die Frist ohne Zahlung, können Sie zum Anwalt gehen. Wegen Verzugs muss die Fluggesellschaft dann in aller Regel auch die Anwaltskosten tragen.

Wie TUIfly auf das Urteil aus Brüssel im Einzelnen reagieren wird, ist allerdings noch nicht ganz absehbar. Ersten Pressemeldungen zufolge hatte man dort mit einer solchen Entscheidung nicht gerechnet. Soweit der EuGH die Möglichkeit offen gelassen hat, „jeder Einzelfall“ sein überprüfbar, könnte es sein, dass die Airline sich auch weiter gegen die Ansprüche zur Wehr setzt,