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Spa­ni­sche Air­line kann in Deutschland für gestrichenen spanischen Teilflug ver­klagt werden

Bei Annulierung eines Fluges können die betroffenen Passagiere von der verantwortliche Fluggesellschaft Ausgleichszahlungen nach der EU-Fluggastrechteverordnung verlangen. Dabei gibt es in der Praxis vor allem bei Transit- und Anschlussflügen diverse rechtliche Problemfelder. Der EuGH musste sich nun gerade mit einer Anfrage des AG Hamburg befassen. Im vorliegenden Fall wurden in einer einheitlichen Buchung mehrere Teilflüge von Hamburg nach San Sebastian gebucht. Zwischenstationen waren London und Madrid. Die Flüge wurden von zwei verschiedenen europäischen Airlines durchgeführt. Der Flug zwischen Madrid und San Sebastian wurde ohne Vorwarnung annulliert.

Abflugort des ersten Teilflugs auch Erfüllungsort des kombinierten Flugs insgesamt

Das zunächst befasste Amtsgericht Hamburg hatte Zweifel an seiner Zuständigkeit. Denn bei dem annulierten Flug ging es um eine spanische Fluggesellschaft und eine rein auf Spanien begrenzte Flugverbindung. Allerdings entschieden die Richter am Europäischen Gerichtshof, dass Passagiere bei einer mehrteiligen Flugverbindung ihren Anspruch auf Ausgleich auch dann vor dem Gericht des Abflugorts geltend machen können, wenn der annullierte Teilflug das Land des Abflugortes gar nicht tangiert. Denn bei einer einheitlich gebuchten Flugverbindung wie im hier betroffenen Fall gilt der Abflugort des ersten Teilflugs als einer der Orte, an denen die Dienstleistung des Beförderungsvertrags im Luftverkehr hauptsächlich erbracht wird. Deshalb kann dieser Abflugort auch der Erfüllungsort des kombinierten Flugs insgesamt im Sinne der Verordnung über die gerichtliche Zuständigkeit sein.

EuGH, Beschl. v. 20.02.2020, Az. C-606/19

Praktisch kein gutes Jahr für Fluggäste, trotz positiver Rechtsprechung

Die Katastrophenmeldungen für Flupassagiere setzen sich auch im Spätsommer fort.

Erst hat sich Olympus Airways sang und klanglos aus dem deutschen Markt verabschiedet. Dort bleiben jetzt viele Passagiere eventuell auf Kosten und Entschädigungen sitzen. Die griechische Airline ist finanziell angeschlagen und dürfte aufgrund der Distanz über die Grenzen hinweg – EU hin oder her – schwer haftbar zu halten sein.

Dann häuften sich erneut Flugverspätungen und Flugausfälle bei der Billigfluglinie Small Planet Airlines. Auch diese Fluggesellschaft ist nach Informationen aus der Reisebürobranche in keiner guten finanziellen Verfassung. Anfragen von Passagieren auf Entschädigung werden auch von dort derzeit nicht oder erst nach Monaten bearbeitet.

Diese Woche dann der neue Streik bei Ryanair, wonach viele Fluggäste schon wieder nicht oder nicht wie gebucht transportiert wurden. Der Streik hat unseres Erachtens seine Berechtigung, die Verwerfungen im Luftraum über Europa sind allerdings insgesamt kritisch. Dies ist ein Gewerbe, dass nicht mit Wild-West-Methoden betrieben werden sollte. Sicherheit und Zuverlässigkeit bei europäischen Fluggesellschaften sind ein hohes Gut, dass nicht aus reiner Profitgier aufs Spiel gesetzt werden darf.

Zum Glück hält wenigstens der EuGH an seiner verbraucherfreundlichen Linie fest. So gab es diese Woche auch positive Nachrichten: Bei Flugstreichungen muss eine Airline ihren Kunden den komplett bezahlten Preis inklusive Vermittlungsgebühren von Dritten erstatten, wenn die Fluggesellschaft von dieser Provision wusste. Fluggesellschaften müssen damit nach Auslegung der EU-Fluggastrechteverordnung für die Differenz zwischen dem vom Fluggast bezahlten Ticketpreis und dem tatsächlich erhaltenen Betrag aufkommen, wie der Europäische Gerichtshof in Luxemburg urteilte.

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EuGH entscheidet erneut zu Fluggastrechteverordnung

Chartert eine Fluggesellschaft eine komplette Maschine samt Besatzung – sog. Wetlease -, bleibt sie trotzdem ausführendes Luftfahrtunternehmen nach der Fluggastrechteverordnung. Der EuGH hat gerade aktuell entschieden wie folgt zusammengefasst:

Im Fall einer großen Flugverspätung ist zur Zahlung der den Fluggästen zustehenden Ausgleichsleistung nicht diejenige Fluggesellschaft verpflichtet, die das verwendete Flugzeug samt Besatzung vermietet hat, sondern diejenige, die entschieden hat, den Flug durchzuführen.

EuGH, Urteil vom 04.07.2018, Rechtssache C-532/17

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EuGH entscheidet in Sachen TUIfly – „Wilder Streik“ ist kein außer­ge­wöhn­li­cher Umstand

Positiv überrascht konnten wir gestern die Meldung vernehmen, dass der Europäische Gerichtshof entgegen der Empfehlung des Generalanwalts über die massenhaften Flugverspätungen und Flugausfälle bei Flügen der Fluggesellschaft TUIfly im Oktober 2016 geurteilt hat. Meistens folgt das Gericht der Ansicht des Generalanwalts, und so standen die Zeichen noch Ende letzter Woche eher schlecht.

EuGH entscheidet gegen Empfehlung des Generalanwalts

Jetzt aber bestätigt der EuGH auch unsere Auffassung: die Massenkrankmeldung (wenn auch vielleicht ein mutmaßlich „illegaler Streik“) des Flugpersonals, die auf eine Ankündigung von erheblichen Umstrukturierungen im Konzern durch die TUIfly folgte, sei gerade keine ungewöhnliche Reaktion. Eine solche brauche es für das Vorliegen eines außergewöhnlichen Umstandes aber, welcher die Fluggesellschaft von der Haftung befreien könnte.

EuGH, Urteil vom 17.04.2018, Az. C-195/17 u.a.

Erste Erfolge in Musterverfahren

Unsere Kanzlei hatte bereits einen Erfolg für unsere Mandanten erstritten.

AG Hannover, Urteil vom 15.10.2017, 545 C 1101/17 (nicht rechtskräftig, PDF-Download)

Die beklagte Fluggesellschaft Tuifly war zwar in Berufung gegangen, aber nach dem Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Union gehen wir nun davon aus, dass wir auch die zweite Instanz am Landgericht Hannover gewinnen werden. Der Termin zur mündlichen Verhandlung soll im September sein. Wir halten Sie auf dem Laufenden.

Aufgrund der aktuellen Entwicklung können wir jedem Betroffenen der es noch nicht getan hat nur raten, seine Ansprüche so schnell wie möglich bei Tuifly nachzumelden. Am besten schreiben Sie die Airline einmal selbst an und fordern zur Zahlung nach der Fluggastrechteveordnung auf. Setzen Sie eine Frist von 14 Tagen. Verstreicht die Frist ohne Zahlung, können Sie zum Anwalt gehen. Wegen Verzugs muss die Fluggesellschaft dann in aller Regel auch die Anwaltskosten tragen.

Wie TUIfly auf das Urteil aus Brüssel im Einzelnen reagieren wird, ist allerdings noch nicht ganz absehbar. Ersten Pressemeldungen zufolge hatte man dort mit einer solchen Entscheidung nicht gerechnet. Soweit der EuGH die Möglichkeit offen gelassen hat, „jeder Einzelfall“ sein überprüfbar, könnte es sein, dass die Airline sich auch weiter gegen die Ansprüche zur Wehr setzt,

Entschädigungszahlungen von Fluggesellschaften – EuGH stärkt Passagierrechte bei Umsteigeflügen

Die Fluggesellschaft, die in einem Mitgliedstaat nur den ersten Flug eines Umsteigefluges durchgeführt hat, kann vor den Gerichten am Endziel in einem anderen Mitgliedstaat auf Verspätungsentschädigung verklagt werden. Dies gilt, wenn die verschiedenen Flüge Gegenstand einer einheitlichen Buchung für die gesamte Reise waren und die große Verspätung bei Ankunft am Endziel auf eine Störung zurückzuführen ist, die sich auf dem ersten Flug ereignet hat.

Das hat der EuGH gestern entschieden. Was war passiert? Die betroffenen Passagiere hatten bei Air Berlin bzw. bei Iberia Transitflüge von Spanien nach Deutschland gebucht. Die jeweils erste Teilstrecke wurde allerdings von deren spanischem Partner Air Nostrum geflogen.

Da der Flug auf der ersten Teilstrecke vor dem Umsteigen verspätet war, verpassten die Gäste ihre jeweiligen Anschlüsse und kamen mit 4 – 13 Stunden Verspätung in Deutschland an.

Mit seinem aktuellen Urteil stellte der EuGH fest, dass Deutschland als Ankunftsort insgesamt Erfüllungsort im Sinne der Fluggsatrechte-Verordnung sei. Daraus folgt, dass die deutschen Gerichte grundsätzlich für die Entscheidung über Klagen auf Ausgleichszahlungen, die gegen eine
ausländische Fluggesellschaft wie Air Nostrum erhoben werden, zuständig sind.

EuGH, Urteil vom 07.03.2018, Az. C-274/16, C-447/16 u. C-448/16

Entschädigungsleistungen für Flugverspätungen in Sachen TUIfly

Im Oktober 2016 sorgten massenhafte Flugverspätungen und Flugausfälle insbesondere bei Flügen der Airline TUIfly für Aufruhr. Tausende Passagiere kamen verspätet oder gar nicht ans Reiseziel.

Nach der Fluggastrechteverordnung stehen dem Passagier in den meisten Fällen erhebliche Entschädigungsleistungen zu. Zu den Regelungen der Verordnung haben wir einen eigenen Rechtstipp bereitgestellt.

Es ist grundsätzlich so, dass die Airlines versuchen, sich um diese teuren Zahlungen zu drücken. Obwohl mittlerweile viele Kunden die Ansprüche anmelden, reagieren die Airlines oft erst mal gar nicht, und zwar monatelang. Im Idealfall erhält der Passagier aber wenigstens eine Zahlung, wenn ein Anwalt eingeschaltet wurde. Interessant ist in diesen Fällen, dass die Fluggesellschaften dann trotzdem nicht die Anwaltskosten tragen wollen – mit der Begründung, die Einschaltung des Anwalts sei nicht notwendig gewesen.

Immer häufiger tritt allerdings der Fall ein, dass auch wir Anwälte außergerichtlich nicht zum Erfolg kommen. Die Airlines spekulieren offensichtlich darauf, dass die Geschädigten ein teures und langwieriges Gerichtsverfahren scheuen. Tatsächlich ist es aber so, dass in der weit überwiegenden Zahl der Fälle sofort nach Klageerhebung die Zahlung durch die Airline erfolgt. Die Gesellschaften müssen dann auch noch alle Anwalts- und Gerichtskosten übernehmen. Dies nimmt man dort scheinbar lieber in Kauf, als alle Kunden gleich anspruchsgerecht zu entschädigen.

Unsere Kanzlei konnte also schon in vielen Fällen den Mandanten zu ihrem Recht verhelfen, sei es vorgerichtlich oder durch Klageerhebung mit dann sofort erfolgter Zahlung durch die Fluggesellschaft.

Anders verhält es sich allerdings in Sachen TUIfly aufgrund der Ereignisse im Herbst 2016. Hier setzt sich die Fluggesellschaft bisher in jedem bekannte Fall auch nach der Klageerhebung zur Wehr. Allein am Amtsgericht Hannover sollen ca. 1.500 Klageverfahren anhängig sein. Die Zahlungsverweigerung begründet das Unternehmen damit, dass die massenhaften Verspätungen und Ausfälle nicht Folge einer Krankheitswelle, sondern eines wilden Streiks gewesen sei. Dies sei vergleichbar mit höherer Gewalt und daher als außergewöhnlicher Umstand nicht zu entschädigen.

Die von uns geführten Klageverfahren gegen TUIfly in diesem Zusammenhang sind noch nicht abgeschlossen und auch noch nicht entcheidungsreif, sondern „mittendrin“. Soweit erkennbar gibt es bisher vor allem zwei Urteile des AG Hannover, in welchen die TUIfly zur Zahlung verurteilt wurde. Die Urteile sind schwer zu finden, eines ist unter dem folgenden Link im Volltext verfügbar: AG Hannover, Urteil vom 15. Februar 2017, Az. 538 C 11921/16.

Insgesamt ist die Rechtslage unübersichtlich. Die Gerichte entscheiden jeweils im Einzelfall. Pauchale Behauptungen reichen dabei weder auf Klägerseite noch auf Seiten der Airline. Der Mandant/ Kläger muss seine Ansprüche konkret darlegen, TUIfly muss im Gegenzug wohl beweisen, dass es einen wilden Streik überhaupt gegeben hat und dass gerade deEinr entsprechende Flug davon betroffen war.

Es liegt auf der Hand, dass ein Passagier dies ohne anwaltliche Hilfe kaum bewältigen kann. Sprechen Sie uns gerne an, wir verfügen über die notwendigen Kenntnisse, damit Ihre Ansprüche gegen alle Widrigkeiten Geltung erhalten.

Ob die angesprochenen Urteile rechtskräftig geworden sind oder ob TUIfly in die Berufung gegangen ist, ist noch nicht bekannt. Indes könnte es sein, dass letzlich der EuGH die Streitigkeiten grundsätzlich entscheidet. Acht Vorlagebeschlüsse eines Richters am AG Hannover sind an den EuGH gerichtet worden.  Die Verfahren werden so lange ausgesetzt. Mit einer Entscheidung ist dann in ca. 18 Monaten zu rechnen.

Die nicht vorgelegten Verfahren werden wohl trotzdem entschieden werden – ob Rechtskraft eintritt, wir sich zeigen. Wir halten Sie auf dem Laufenden. Die Ansprüche aus den Ereignissen des Herbst 2016 verjähren im Übrigen Ende 2019, wenn bis dahin nicht die entsprechende Klage erhoben wurde.