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400.000 € Schmerzensgeld für Opfer einer Trunkenheitsfahrt

Das LG Frankenthal hat einem Verkehrsunfallopfer ein für deutsche Verhältnisse auffallend hohes Schmerzensgeld von 400.000 € zugesprochen. Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig.

Der Kläger war als Beifahrer im Fahrzeug eines betrunkenen Fahrers schwer verletzt worden. Dieser war nachts mit 1,1‰ Blutalkoholgehalt unterwegs, als er mit seinem Fahrzeug von der Straße abkam. Die Verletzungen des Klägers waren so schwer, dass sie zu einer Querschnittslähmung führten.

Sehr hohe Entschädigung wegen Querschnittslähmung und Pflegebedürftigkeit

Nach Auffassung des Landgerichts war der Kläger angeschnallt. Die beklagte Versicherung hatte das Gegenteil behauptet, ein Sachvertändigengutachten bestätigte aber das Angeschnalltsein.  Nach der Vernehmung einer Vielzahl von Zeugen konnte auch nicht nachgewiesen werden, dass der Kläger bei Antritt der Fahrt erkannt hatte, dass der Fahrer alkoholisiert war. Für das Landgericht habe zwar festgestanden, dass die Beteiligten sich zu Beginn des Abends zum gemeinsamen „Vorglühen“ getroffen hätten. Es habe sich jedoch nicht aufklären lassen, ob die Beteiligten auch den weiteren Abend zusammen verbracht und Alkohol getrunken hätten. Nachdem der Kläger inzwischen auch psychisch erheblich unter den Unfallfolgen leide und in einem Pflegeheim leben müsse, sei ein Schmerzensgeld in Höhe von 400.000 Euro angemessen.

LG Frankenthal v. 10.01.2020, Az: 4 O 494/15

OLG Hamm – Maßvolle Überschreitung der Richtgeschwindigkeit bedeutet nicht automatisch Mithaftung

Auf deutsche Autobahnen herrscht die Richtgeschwindigkeit von 130 km/h. Wird diese überschritten und kommt es in diesem Zusammenhang zu einem Unfall, dann könnte man argumentieren, dass die „Raserei“ allein zu einer Mithaftung des Schnellfahrers führen müsse.

Dem ist aber nicht ohne Weiteres so. Das OLG Hamm bestätigte jetzt, dass man zumindest nicht nur deshalb mit haftet, weil man mit 20 km/h über der Richtgeschwindigkeit unterwegs ist.

Im Kontext kann man das Urteil wohl als allgemein vertretbar betrachten. Ein anderes Ergebnis wird man in Betracht ziehen müssen, wenn die Richtgeschwindigkeit deutlich überschritten wird, etwa um 50 km/h oder mehr. Denn dann steigert sich durchaus die Betriebsgefahr, was bei einem Unfall mit einem Spurwechsler berücksichtigt werden muss.

OLG Hamm, Beschlüsse des 7. Zivilsenats vom 21.12.2017 und 08.02.2018 (Az. 7 U 39/17 OLG Hamm)

Haftung nach Verkehrsunfall: Auffahrunfall an grüner Ampel wegen Martinshorn

Das LG Hamburg hat entschieden, dass ein Autofahrer, der das Martinshorn eines Einsatzfahrzeugs hört, schnellstmöglich herausfinden muss, von wo sich das Einsatzfahrzeug nähert. Aus diesem Grund darf er auch an einer grünen Ampel bremsen.

Fahre ein anderer Fahrer dann hinten auf, müsse dieser den Schaden des Vordermannes komplett ersetzen. Ein Verkehrsverstoß des Bremsers liege nur dann vor, wenn es sich bei grün um eine starke Bremsung ohne zwingenden Grund handele. Ein zwingender Grund liegt aber auch dann vor, wenn das Einsatzfahrzeug nur in der Nähe zu hören ist, es muss sich nicht unbedingt der Unfallstelle tatsächlich genähert haben.

LG Hamburg, Urteil vom 21.10.2016, 306 O 141/16